Wir leben nicht allein im Kosmos. Ganz im Gegenteil, wir benötigen sogar dauernd Input und Austausch.
Sowohl geistig als auch körperlich. Geistig spielt hier keine Rolle, denn wer das liest, der ist schon
mittendrin im geistigen Aufnehmen.
Körperlich sind wir wie ein Eimer mit lauter Löchern. Dauernd kippen wir oben alles mögliche rein,
und unten.. na ja, verlieren wir eben auch eine Menge. Physiker nennen so einen Regelkreis ein
"offenes System". Und genau das ist unser Stoffwechsel, ein offenes System.
Sauerstoff ist der Energieeschaffer, der aus dem Brennstoff Zucker erst die Power macht, die uns
antreibt. Doch Sauerstoff macht noch mehr, denn er hilft zahlreichen Abbauvorgängen. Wie bei einem
Lagerfeuer, bei dem der Sauerstoff die Verbrennung anheizt, ist O² auch im Körper der Anheizer, der
etwa komplexe Moleküle knackt.
Wollen wir die Muskeln bewegen, brauchen wir vor allem eines: Traubenzucker. Im Körper wird der gespeichert
als Glykogen in der Muskulatur selber und in der Leber. Treten wir etwa beim Tauchen plötzlich heftig in die
Flossen, schafft der Kreislauf es gar nicht so schnell, den Zucker zu den Stellen zu transportieren, wo
er gebraucht wird. Der Körper schaltet kurzfristig um in die Verbrennung ohne Sauerstoff, die anaerobe Phase.
Das Glykogen wird gespalten in Milchsäure. Auch dabei entsteht Energie, doch die Bilanz ist miserabel. Reicht
aber, um kurzzeitig Notstände in der Muskulatur zu lindern. Die anaerobe Verbrennung von Glykogen ist übrigens
eine uralte Form der Energiegewinnung, die schon die allerersten Einzeller auf der Erde benutzten, als es in
der Atmosphäre noch gar keinen Sauerstoff gab.
Sobald Atmung und Kreislauf auf die erhöhte Arbeit eingestellt sind, muß die Milchsäure wieder abgebaut und weiter aufgespalten werden, bis nur noch CO² und H²O übrig sind. Die Phase, in der wir in die Flossen treten und noch nicht mit genügend Sauerstoff versorgt sind, führt uns in die sogenannte Sauerstoffschuld. Das können wir durchaus 60 Sekunden aushalten. Bis zu 15 Liter Sauerstoff können wir so "sparen". Doch dann ist Feierabend, die Schuld wird durch Japsen nach Luft wieder ausgeglichen. Es beginnt die aeroba Phase, die Energiegewinnung durch Sauerstoff.
Schauen wir einmal genauer, was eigentlich beim Tauchen passiert. Der Druck steigt, damit auch der
Partialdruck des Sauerstoffs. Ist doch klasse: Der Druck steigt, es wird mehr Sauerstoff aufgenommen,
wir brauchen nur noch halb soviel von dem kostbaren Zeug. Leider leider klappt das aber nicht. Zwar
nehmen wir etwa in zehn Meter Tiefe die doppelte Menge an O²-Molekülen zu uns. Der rote Blutfarbstoff
Hämoglobin ist zu 100 % mit O² gesättigt, ein Teil des Sauerstoff Hämoglobin ist zu 100 % mit O²
gesättigt, ein Teil des Sauerstoffs löst sich im Blutplasma.
Tolles Ding, aber wir können das wertvolle Molekül nicht genießen. Spielverderber ist das Kohlendioxid. Der Druck dieses Gases steigt ebenfalls unter Druck. Und dieser Pegel steuert die Atmung. Dieser Chemo- Keule entgeht man nur durch Hyperventilation, und die ist ziemlich ungesund. Denn der chemische Reiz des Atemholens läßt sich absenken, aber dann nicht mehr kontrollieren. Der Körper, gierig nach Sauerstoff, atmet einfach nicht. Das Gehirn erleidet eine Sauerstoff-Mangelversorgung, die Folge ist eine Ohnmacht. Fatal unter Wasser.
Moment mal, da rechnen wir doch genau nach. Doppelt soviele Moleküle in 10 Meter Tiefe, aber der CO² Pegel zwingt zum Atmen? Hm, dann atmen wir doch einfach nur die Hälte. Rechnerisch langt doch der Sauerstoff aus. Immerhin gelangen genausoviele Moleküle in die Lungen wie an der Oberfläche. Wieder Pustekuchen, denn unser Brustkorb ist gepflastert mit Sensoren, die signalisieren, ob die Atemarbeit klappt. Atmen wir nur noch halb so tief ein, bekommen wir den Reiz, deutlich tiefer einzuatmen. Das ist übrigens der Grund, warum die bewußte Sparatmung beim Tauchen eher einen erhöhten Luftverbrauch zur Folge hat.