Ein gründlicher Taucher überläßt nichts dem Zufall. Da wird die Flasche zum TÜV gebracht, der Automat regelmäßig gewartet, das Neopren mit Talkum gepudert und das Jacket sorgfältig gereinigt. Natürlich werden auch die regelmäßigen tauchsportärztlichen Untersuchungen durchgeführt. Also alles perfekt vorbereitet. Und dennoch kann unter Wasser der blanke Horror warten. Denn an die eigenen Beißerchen wird in der Reihe der Vorsorgungen viel zu selten gedacht. Und bei Zahnschmerzen unter Wasser reichen von leichten über rasende Schmerzen bis hin zu Unfällen mit Todesfolge!.
Der Zahn, was ist das eigentlich noch einmal genau? Einfach gesagt ist der Zahn ein Stift aus einem knochenähnlichen Material, dem Zahnschmelz, und dem Dentin. Innen im Zahn ist ein Hohlraum, der ausgefüllt wird mit Nerven und Gefäßen, die dem Zahn ein gesundes Innenleben bescheren. Dieses Gewebe nennt der Mediziner Pulpa.
Am gesunden Zahn hat Druck eigentlich nichts direkt verloren. Der Zahnschmelz ist dick genug, um einen
steigenden Umgebungsdruck abzufangen. Doch war der Taucher nicht pfleglich mit seinem Zahnmaterial,
haben sich Löcher im Zahnschmelz gebildet. Luft kann unter erhöhtem Druck direkt in die Pulpa gelangen.
In Sachen Stickstoffaufnahme unbedenklich, denn das Nerven- und Versorgungsgewebe der Pulpa ist ein
"schnelles Gewebe", wird also aufgenommenen Stickstoff rasch wieder los. Aber da die meisten Löcher in
Zähnen ziemlich klein sind, kann es passieren, daß beim raschen Abtauchen gar nicht genug Luft nachströmen
kann, es kommt zu einem Unterdruck, der Zahnschmerzen hervorrufen kann.
Viel schlimmer aber ist es, wenn sich beim Auftauchen die feinen Löcher etwa durch Gewebeteilchen
verschließen. Die Luft will raus, kann aber nicht und dehnt sich jetzt auf Teufel komm raus im Zahn aus.
Die Folgen kann sich jeder ausmalen. Irre Zahnschmerzen sind noch fast das kleinste Übel, herausgebrochene
Plomben oder Kronen, abgesprengte Zahnwände und zerbrochene Zahnprothesen sorgen während des Auftauchens
für ungeahnte und vor allem ungewollte Gefühlswallungen. Klar, daß dabei schnell die Kontrolle über den
Tauchgang verloren gehen kann, sogar eine Ohnmacht ist denkbar.
Doch auch ohne die spektakuläre Zahnexplosion kann Tauchen den Zähnen Kummer bereiten. Denn der häufig veränderte Druck beim Tauchen streßt die Zähne. Durch die feinen Kanäle bei leicht fehlerhaften Zähnen unterliegen die Zähne einem sich verändernden Innendruck. Diese Druckveränderungen können Barotraumen in kleinem Ausmaß hervorrufen. Dafür sind die Dentinfelsen im Mund aber nicht gebaut. Untersuchungen an über 2500 Militärtauchern über zahn Jahre haben gezeigt, daß tauchende Kollegen wesentlich schlechtere Zähne hatten als die Kameraden, die sich an Bord von U-Booten befanden. Die Ursache wird vermutet in eben diesen Mikrobarotraumen in den Hohlräumen der Zähne.
Taucher sollten also beim Zahnarzt darauf hinweisen, daß sie Taucher sind. Die Füllungen und Kronen
müssen so implantiert werden, daß sich nicht der kleinste Hohlraum darunter befindet.
Wenden wir uns mal einer ganz anderen, vielfach völlig unterschätzten Problemzone zu, die Tauchern, die
den Mund manchmal zu voll nehmen, ernste Schwierigkeiten bereiten kann. Die Kinnlade selber ist es, und
hierbei nicht etwa die Spitze (schließlich sind wir keine Boxer), sondern das andere Ende, mit welchem
der Unterkiefer am Rest des Kopfes sitzt, das sogenannte Mandibular-Gelenk. Kaum zu glauben, aber mehr
als die Hälfte der Taucher hatte schon Probleme mit dem Ding, aber keiner kennt es. Bemerkbar macht sich
dieses vernachlässigte Etwas durch Muskelverspannungen, die zu Kopfschmerzen von leicht bis heftig führen
können. Nackenverspannungen, Schmerzen im Ohrenbereich, beim Schlucken, Blockaden der Eustachischen Röhre,
sogar Beeinflussungen des Gleichgewichtsorgans können auftreten, behandelt man dieses Gelenk und seine
Muskeln falsch. Was aber kann man den falsch machen? Die meisten Menschen haben keine identisch aufeinander
passenden Ober- und Unterkiefer.Die Zähne sind nicht exakt aufeinander abgestimmt. Das macht normalerweise
nichts, kann aber bei einigen Menschen auch ohne Unterwasserbesuche Probleme bereiten. Knirschen der
Zähne in der Nacht sind ein deutliches Signal, daß im Kieferbereich einiges nicht in Ordnung ist. Folge
sind schon dann meist Kopf- und Nackenschmerzen.
Beißen empfindsame Mandibular-Gelenk-Eigentümer dann stundenlang auf einem Mundstück von Schnorchel oder
Lungenautomat herum, droht Ärger. Die Muskelatur verspannt total, die Folgen sind oben beschrieben. Und
da an unserem Kopf alles so dicht beieinander sitzt, haben die Gelenkmuskeln natürlich auch einen herrlich
direkten Einfluß etwa auf das Ohr. Das bemerken wir, wenn wir beispielsweise gähnen und es dabei im
Trommelfell knackt.
Abhilfe schafft hier ein guter Zahnarzt. Auf der Suche nach der Ursache von dauernden Kopf- und Nackenschmerz
landet man irgenwann unweigerlich bei einem solchen. Fehlstellungen der Kiefer zueinander und deren Behebung
sind das tägliche Brot von Kieferchirurgen und/oder -orthopäden.